Geschichte 2.0 Das Internet als Herausforderung und Chance für Historiker

Dr. Axel Doßmann
Übung an der Universität Jena, Wintersemester 2009/10

Das World Wide Web ist in der Praxis von Historikern Datenbank, historisches Archiv, Darstellungsformat, Lernumgebung, virtueller Ausstellungsraum, weltweite Kommunikationsinfrastruktur – diese Praxis, ihr Wandel und ihre Bedeutung für die Entstehung von Geschichtsbildern wird aber erst allmählich wissenschaftlich reflektiert. Die Übung unternimmt einen forschenden Einstieg, will Struktur und Qualitätskriterien in die Neue Unübersichtlichkeit bringen. Neben der Lektüre theoretischer Texte und empirischer Studien stehen eigene Recherche, Analyse und Kritik internationaler Websites zu historischen Themen im Vordergrund. Während Akademiker noch eher zögerlich die hypertextuellen Optionen des Internets für ihre Darstellungen von Geschichte nutzen, stellen Museen, Gedenkstätten, Künstler, aber auch Laienhistoriker und viele Zeitzeugen auf privaten Websites, Weglogs und Foren ihre Forschungsergebnisse, Interpretationen, Sammlungen, Erinnerungen und Kommentare ins Netz. Die digitale Partizipation am Verfertigen von Geschichte gewinnt inflationäre Züge. Das können Historiker verärgert oder irritiert ignorieren, aber auch als Herausforderung und neues Untersuchungsfeld betrachten. Im Netz artikulieren sich „Vergangenheitsbedürfnisse“ (Horst Rumpf) und Geschichtsbewusstsein, es werden avancierte Formen der Darstellung, Debatte und Lehre von Geschichte erprobt. Die Übung setzt sich anhand von Fallbeispielen mit der Bedeutung des Internets für die gegenwärtige Geschichtskultur auseinander.